31.7.07

Wessis im Ossiwunderland

Die Arche Nebra ist anlässlich des Fundes der Himmelsscheibe von Nebra gebaut worden. Ein Klotzbau ganz in Gold und Schwarz, einerseits anzusehen wie ausgeflippte Kirchenarchitektur, andererseits ein Schandmal in der hügeligen, bewaldeten Landschaft. Und das Übelste daran: die Himmelsscheibe war nie hier und wird auch nie hierher kommen. Stattdessen gibt’s nur werbeträchtigen Rummel mit Planetariumsshow und anderen albernen Effekten. Fahrt da bloß nicht hin, die sieben Euro Eintritt sind rausgeschmissenes Geld. Im Moment ist die Scheibe außerdem auf Weltreise, und ab nächsten Mai wird sie in Halle im Museum zu sehen sein.

Entgegen einschlägigen, internationalen Expertenmeinungen halten wir die Himmelsscheibe sowieso für eine Fälschung. Zum Beweis hier eine Abbildung von der Sitzdecke aus den Neunzigern in unserem Bus. Die Ähnlichkeit ist überwältigend, oder? Damals, als die Scheibe entdeckt wurde, waren diese Sonne, Mond und Sterne-Muster doch unheimlich angesagt.

Na ja, hinterher soll keiner behaupten, er hätte von nichts gewusst…

Anders das Sonnenobservatorium in Goseck, welches uns sehr fasziniert hat. Hier haben Leute eine Kreisgrabenanlage nach altem Vorbild wieder aufgebaut, das älter ist als Stonehenge. Wir konnten uns richtig vorstellen, wie das damals vor 7000 Jahren als Kalender für das Bäuerliche Jahr gebraucht wurde und große Partys gefeiert wurden, wenn die Sonne an ihrem tiefsten resp. höchsten Punkt angelangt war. In der Mitte des großen Doppelkreises aus Holzpfählen gab es ein bemerkenswertes Echo.


Auch das Schloss Goseck in der Nähe mit einer kleinen Dokumentation der Ausgrabungen und dem Neubau der Kreisanlage und seinem riesigen Ginkobaum im Hof hat uns sehr gut gefallen.


Als drittes archäologisches Highlight haben wir uns die Dolmengöttin von Langeneichstädt angeschaut. Da steht neben einem Großsteingrab direkt bei einem Wachtturm mitten in der Pampa ein kleiner Menhir mit einer Ritzung, die als Darstellung einer steinzeitlichen Göttin interpretiert wird. Diese Stele wurde als einfacher Abdeckstein in dem Grab benutzt, muss also aus einer noch älteren Kultur stammen.

Das Saale-Unstrut-Trias-Land liegt in Sachsen-Anhalt. Das ist eine überaus liebliche Gegend mit sanften Hügeln, die von einem Dichter die „Toskana des Ostens“ genannt wurde. Die Berge des Harzes und des Thüringer Waldes halten die wilden Westwinde ab, und schaffen so ein mildes Klima mit ca. 1600 Sonnenstunden im Jahr. Deshalb ist es das nördlichste Anbaugebiet für Qualitätsweine, und aus demselben Grunde wird hier, in der freundlichen Stadt Freyburg der Rotkäppchensekt hergestellt.

Wir fühlten uns mehr als einmal wie ans Mittelmeer versetzt. Nebenbei, der normale Sekt mit dem roten Deckel wird aus französischen, italienischen und österreichischen Weinen gemacht. Es gibt aber auch einen aus einheimischen Trauben, der nach der Champagnermethode während der Flaschengärung handgerüttelt wird. Leider konnten wir keinen kaufen, weil er drei Wochen Busrüttelung nicht überlebt hätte.

Die Leute im Osten haben uns gut gefallen, die wirken im Allgemeinen viel lockerer und entspannter als die Menschen hier. Allerdings ziehen viele von ihnen im Vorbeigehen eine intensive Duftspur nach Weichspülmitteln hinter sich her. Ein Geruch, den ich schon in feinster Dosierung abscheulich finde, wahrscheinlich eine Hinterlassenschaft meiner Aromaausbildungen. Auffällig viele Frauen aller Altersstufen und auch junge Männer bevorzugen farbig gesträhnte Haare in zwei, drei, manchmal vier Farben, gern auch in pink, lila und grün.

Das ganze Land ist fest in Discounterhand, allen voran Penny, Aldi, Netto und wie sie noch alle heißen. Zuerst fanden wir nicht einmal Frischmilch, Bio-Obst und Gemüse schon mal gar nicht. Desgleichen gab es auch nur Billigtankstellen (ich weiß, dass die das gleiche Benzin verkaufen). Dafür sahen wir angenehmerweise auch kein Hinweisschild von diesen total überflüssigen Hamburgerketten. Im Norden änderte sich das - wahrscheinlich wegen der vielen West- und Berliner Touristen, die dort ihre Ferien verbringen.

Sonnenuntergang an der Müritz


Und hier noch etwas für die Freunde und Förderer der Falknerei. Ich habe ja schon viel gesehen in dieser Hinsicht, aber eine Steinadlerin, die mit dem Falkner schäkert und ihn anknabbert wie Wellensittiche oder Papageien das tun, noch nicht. Er behauptete, sie würde ihn als ihren Lebenspartner betrachten. Ich glaube, sie konnte sogar Bussi geben. Adler sind also auch nur Menschen...

Die wilden Adler dagegen sind nicht leicht zu finden, und die Einheimischen behandeln das Thema zu Recht wie ein Staatsgeheimnis. Es gibt aber mittlerweile reichlich von ihnen, und am ersten Nachmittag an der Müritz hatte ich das Glück, einen Seeadler über mich hinweg fliegen zu sehen. Ein anderes Mal fanden wir einen Platz mit vielen Fischadlern und ihren Nestern auf Hochspannungsmasten.

Die Skyline von Stralsund


Am Weg zu den höchsten Kreidefelsen der Insel liegt der berühmt-berüchtigte Herthasee, in dem die Göttin ihr Bad nahm, nach welchem die Diener, die ihr dabei geholfen hatten, selber ertränkt wurden. (War es vielleicht die nordische Göttin Nerthus=Hertha, von der Tacitus schon kurz nach der Zeitenwende das Gleiche berichtete? Ach so ja, Wikipedia meint das auch, und wahrscheinlich ist das sowieso alles Blödsinn. Ich hatte Nerthus bisher eher auf einer der Friesischen Inseln in der Nordsee vermutet.)


Die Ostsee an der Westseite Hiddensees gab sich alle Mühe, bei Windstärke 7 so wild auszusehen wie die Nordsee. Leider haben wir trotzdem keinen Bernstein gefunden.




Diese Steine passen gut auf, damit sich das Meer nicht zu viel von der Insel Hiddensee holt.


An der Südküste Rügens, mal einer der raren Orte ohne Getümmel

Drei Admirale besuchten uns auf unserer Reise. Dieser war der letzte. Frisch geschlüpft setzte er sich auf unserem Tisch und ließ seine Flügel trocknen.

Die Ostsee am Priwall bei Travemünde. Hier bin ich als Kind ganze Sommer lang gewesen...

...und keine hundert Meter weiter haben sie grade den Campingplatz geschlossen und bauen stattdesse Luxusferienhäuser dort hin.

Der rote Mond über der Pötenitzer Wiek (Das Rot kriegt meine Digicam irgendwie nicht so richtig hin.)

Nach Usedom haben wir es dann nicht mehr geschafft, es gab einfach viel zu viel zu sehen.
Wir müssen uns jetzt erstmal von unserer anstrengenden Sightseeingtour erholen...

16 Kommentare:

der Gauzibauz hat gesagt…

Schon wieder hast du "MeinTraumhaus" fotografiert.....

Hatte gestern auch "Ossi"-Tag :)

Anonym hat gesagt…

Du bist wieder da, wie schön,
ich hab Dich schon vermißt!
Hört sich an, als hättet ihr schöne Tage gehabt *freu*
na dann erhol Dich jetzt vom Urlaub *zwinker*
liebe Grüßlis Dir -
Dagmar

Frau Blau kocht vegan hat gesagt…

Welches ist es denn diesmal, Gauzibauz?
Bei mir sind heute nämlich alle Fotos bis auf zwei aus dem Post verschwunden.

Hallo Dagmar, demnächst trau ich mich dann auch wieder in die Foren rein. Es ist immer so viel zu erledigen, wenn eine mal ne Weile nicht zu Hause war. Das dauert immer etwas mit dem wieder Fuß fassen, jedenfalls bei mir.
Liebe Grüße J.

der Gauzibauz hat gesagt…

Die alte Holzhütte mit Sat-Schüssel :)

Anonym hat gesagt…

Schön wie Du diese Urlaubsreise in Kurzform wiedergibst und natürlich die Photos, einfach klasse Stimmungen, die da festgehalten wurden.Ich bin gerne mitgefahren. Bis auf weitere Abenteuer.

Anonym hat gesagt…

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Anonym hat gesagt…

hey die Steinaugen sind ja einfach herrlich:-)
Boah und Goseck - da wollt ich auch schon immer mal hin!
Alles Liebe
Willow

Gabriela B. Lopes hat gesagt…

Danke für den Urlaubsbericht und die schönen Fotos. Habt ihr die Steinzeichnung im Sand gemacht? Schade, dass es hier keine Steine am Strand gibt, sonst würde ich eure Idee gleich kopieren...
Liebe Grüsse
Gabriela

der Gauzibauz hat gesagt…

Juansi,
du sagst die Scheibe sei ein Fake. Wie ist es mit dem goldenen Hut, glaub ein Meter ist der hoch, spitz zulaufend. ? Den fand man auch in Ossiland.

Frau Blau kocht vegan hat gesagt…

Gabriela, wir haben die Sachen auf den Fotos so vorgefunden (da waren noch mehr Spiralen und Muster im Sand). Aber Selbermachen ist bestimmt schöner.
Das Prinzip von "Landart" ist schauen, was vorhanden ist und damit etwas gestalten. Vielleicht findest Du etwas Anderes am Meer. Bin schon gespannt auf Deine Strandkunst.

Gauzibauz, ja die Goldhüte sind wirklich imposant, das wäre aber ein teurer Spaß gewesen.
Das mit dem Fake der Bronzescheibe war nicht ganz ernst gemeint, obwohl...
Ich hatte bloß jeden Tag diese Decke vor Augen und sah tatsächlich eine Ähnlichkeit.

Anonym hat gesagt…

Hoi Juansi!

Schöne Bilder hast Du da mitgebracht! Wenn es nur halb so schön wie auf den Bildern war, freu ich mich für Dich über Deinen Urlaub!

Das mit der Nebra find ich schade. Ich will sie aber unbedingt mal sehen. Leider hab ich sie im Januar in Basel verpasst.

*smile*
Wanderer

Frau Blau kocht vegan hat gesagt…

Vielleicht treffen wir uns dann ja im nächsten Jahr in Halle im Museum. Das wär doch was, oder?
Schöne Grüße Ju.

MyM hat gesagt…

hi juansi,

schoen das du wieder da bist und ja ich finde die bilder auch total schoen, sie machen lust auf deutschland, das ist selten geworden finde ich. lieben gruss m

Anonym hat gesagt…

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Anonym hat gesagt…

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Anonym hat gesagt…

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